6. Hambacher Bikerfest
Neustadt an der Weinstraße, den 07.08.2004

Gastrede der Straßen.NRW, Dipl.-Ing. Helmut Nikolaus

Mehr Sicherheit für Motorradfahrer
Der Unterfahrschutz "Modell Euskirchen" im System der Infrastrukturverbesserung

Das Problem "Motorradunfälle"

Für die Sicherheit der Motorradfahrer sind 3 Aspekte zu betrachten:

Fahrer, Fahrzeug und Straße

Baulastträger der Infrastruktur für Bundesfern- und Landesstraßen in Nordrhein-Westfalen ist der Landesbetrieb Straßenbau NRW. Schwerpunkte bei der Verkehrssicherheitsarbeit auf Motorradstrecken sind sowohl die Unfallvermeidung als auch die Minderung der Unfallfolgen.

Es gibt eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur für Motorradfahrer. Die Wahl der geeigneten Maßnahme ist abhängig von der Situation. Bauliche Maßnahmen sind vielfach nur langfristig umzusetzen, oft lassen sich aber auch schnell verwirklichbare und mit den vorhandenen finanziellen Mitteln durchführbare Maßnahmen finden.

Maßnahmen zur Unfallvermeidung:

Maßnahmen zur Minderung der Unfallfolgen:
Entschärfen des Straßenseitenraumes insbesondere am Kurvenaußenrand

 

Besondere Aktivitäten der Straßen.NRW-Niederlassung Euskirchen im Bezug auf Motorradfahrersicherheit:

Zur Zeit wird im Auftrag der Niederlassung Euskirchen eine Sonderuntersuchung mit dem Thema "Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Motorradstrecken" durch die Fachhochschule Darmstadt durchgeführt, um erforderliche Maßnahmen gezielt und systematisch treffen zu können und beispielhafte Methoden zu entwickeln.

Der Leiter der Niederlassung Euskirchen, Herr Ltd. RBauDir Dipl.-Ing. Nikolaus, konnte erreichen, dass der Richtliniengeber für die Straßeninfrastruktur in Deutschland, die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), einen Arbeitskreis "Motorradunfälle" eingerichtet hat. Hier beschäftigen sich neben Vertretern verschiedener Länder- und Bundesbehörden, Motorradverbänden und Sachverständigen, auch Kollegen aus der Schweiz und aus Österreich aktiv mit diesem Thema. Ziel des Arbeitskreises ist die Erarbeitung einer umfassenden Empfehlung zu besseren Infrastrukturmaßnahmen für Motorradfahrer.

 

Der Unterfahrschutz (UFS)

Der Kreis Euskirchen stellt mit seinen attraktiven Eifelstrecken und seiner Nähe zum Nürburgring ein beliebtes Ausflugsziel für Motorradfahrer dar. Daraus resultierend sind aber auch immer wieder schwere Unfälle mit Anprall an Schutzplanken zu verzeichnen. Die Niederlassung Euskirchen war und ist daher intensiv in der Entwicklung eines Unterfahrschutzes engagiert.

Schutzplankensysteme sollen die Verletzungsfolgen bei Unfällen, vor allem für Personenkraft- und Schwerlastwagen, möglichst gering halten. Vorschriften zur Ausführung und Anbringung von Schutzplanken sind in den Richtlinien für passive Schutzeinrichtungen an Straßen (RPS) und den Technischen Lieferbedingungen für Stahlschutzplanken an Bundesfernstraßen (TL-SP) geregelt.

Der Aufprall an die in einem Abstand von 1,33 – 4,0 m angebrachten Stützpfosten kann schon bei vergleichsweise geringer Geschwindigkeit schwerwiegende Verletzungen wie Knochenbrüche, innere Verletzungen, Amputationen und in vielen Fällen leider auch den Tod für einen Motorradfahrer bedeuten. Unterfahrschutzsysteme sollen die Kollision eines gestürzten Motorradfahrers mit den Schutzplankenpfosten verhindern.

Das Schutzpotenzial der Schutzplanken-Pfosten-Ummantelung (SPU) ist niedriger einzuschätzen als der Einsatz von Unterfahrschutzvorrichtungen. Die SPU eignet sich lediglich in sehr engen Kurven (Spitzkehren), die nur mit sehr geringen Geschwindigkeiten durchfahren werden können.

Eine Auswertung der Motorradunfälle mit Aufprall oder Anprall auf die Schutzplanke in Nordrhein-Westfalen zeigt, dass über 80% der Unfallopfer gegen die Schutzplanke rutschen.

Deshalb wurde von der Niederlassung Euskirchen in Zusammenarbeit mit Sachverständigen für Verkehrssicherheit der UFS "Modell Euskirchen" auf der Basis eines französischen Systems entwickelt. Hierbei wird ein 370 mm hohes Blech an das vorhandene Schutzsystem angeschraubt, ohne dass Teile ausgetauscht werden müssen. Die nachträgliche Anbringung des Unterfahrschutzes ist mit ca. 18 € / m äußerst kostengünstig.

 

Zur Zeit sind verschiedene UFS-Systeme am Markt befindlich, z.B. das sog. "Schweizer Kastenprofil". Bei diesem System wird anstatt dem üblichen Schutzplankenholm ein 180 x 150 mm großes Kastenprofil angebracht. Darunter wird ein 370 mm hohes Blech als UFS angebracht. Da der Holm ausgetauscht werden muss, ist das System vergleichsweise teuer. Zudem ist das Anbringen des Kastenprofil in Kurven sehr aufwändig, da der sehr starre Kasten nicht in den erforderlichen Radius gebogen werden kann.

Während beim "Schweizer Kastenprofil" zwischen UFS und Kastenprofil eine Spaltenbreite von 150 mm gegeben ist, welche ausreichend groß für ein Durchrutschen von Gliedmaßen ist, beträgt die Spaltenbreite beim Unterfahrschutz "Modell Euskirchen" lediglich 50 mm.

Beide UFS-Systeme haben die Anprallversuche nach der europäischen Norm (DIN-EN 1317) bestanden und wurden mit Schreiben vom 15.07.2004 vom Bundesministerium für Verkehr (BMVBW) freigegeben.

Bei Strecken ohne Unfallauffälligkeiten im PKW-Verkehr kann sowohl das Kastenprofil mit Unterfahrschutz, als auch der Unterfahrschutz "Modell Euskirchen" uneingeschränkt eingesetzt werden.

Sind im Motorradverkehr unfallauffällige Streckenabschnitte gleichzeitig auch im PKW-Verkehr unfallauffällig, sollte das "Modell Euskirchen" nur dann eingesetzt werden, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit für alle Fahrzeuge oder die mittlere tatsächliche Geschwindigkeit für Pkw geringer als 70 km/h ist.

Sollte erfahrungsgemäß vorwiegend mit rutschenden Anprallen von Motorradfahrern zu rechnen sein, so sollte einem geschlossenen Schutzsystem der Vorzug gegeben werden, welches nur eine geringe Spaltbreite zwischen Holm und Unterfahrschutz (max. 5 cm) sowie zwischen Unterfahrschutz und Bankett aufweist.

Das Bemühen um mehr Sicherheit für Motorradfahrer, insbesondere die Entwicklung eines Unterfahrschutzsystems, wird von vielen Seiten sehr begrüßt. So wurde beim Verkehrsgerichtstag in Goslar im Januar 2004 im Arbeitskreis III "Motorradverkehr" u.a. die Resolution 8 verabschiedet. In dieser Resolution heißt es:

"Besondere Gefahrenstellen, vor allem in Kurvenbereichen, müssen verstärkt durch Maßnahmen der Straßenbaubehörden – namentlich durch Unterfahrschutz an Schutzplanken – entschärft werden. Hierauf haben die Unfallkommissionen ihr besonderes Augenmerk zu richten."

Im Nordeifelraum mit seinen für Motorradfahrer attraktiven Strecken wurden bereits über 100 Kurven mit ca. 12 km Länge mit dem Unterfahrschutz "Modell Euskirchen" gesichert.


Hier findest Du die Präsentation über die Sicherheitsmaßnahmen "Modell Euskirchen", wie sie uns Dipl.-Ing. Helmut Nikolaus von der Niederlassung Euskirchen des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) vorgestellt hat.

als Online-Präsentation in Einzelfolien

als Powerpoint-Präsentation (ca. 2MB)

als PDF-Datei (ca. 2,8MB)